|
Verwirrspiel um MillionenklageNoch während Swissmetal von der Unia öffentlich 10 Millionen Franken fordert, liegt das Verfahren bereits auf Eis
Swissmetal-Sprecher Sam Furrer betont, dass das Manöver «keine grosse Bedeutung hat». Es handelt sich hierbei «um ein rein verfahrenstaktisches Element». An der Klageabsicht ändere sich überhaupt nichts: «Wir sind entschlossen, den Schadenersatz bei der Unia einzufordern.» Die Aufarbeitung der Ereignisse im Berner Jura würden gegenwärtig aber auf verschiedenen Ebenen vorangetrieben. Swissmetal wolle sich dabei nicht unter Zeitdruck setzen lassen und habe daher auf einen Aussöhnungsversuch verzichtet. Um welche Abklärungen es sich handelt, wollte Furrer nicht sagen. Verwirrspiel statt Klärung Bemerkenswert ist die zeitliche Abfolge des Manövers: Das Sistierungsgesuch ist am Mittwoch beim zuständigen Gerichtskreis eingegangen, wie auf Nachfrage bestätigt wird. Genau an dem Tag also, an dem das Unternehmen in einer Pressemitteilung die Millionenklage gegen die Unia publiziert hatte. Während die Öffentlichkeit noch erstaunt über die horrende Schadenersatzforderung an die Adresse der Gewerkschaft diskutierte, wussten die Swissmetal-Chefs bereits, dass das Verfahren auf Eis liegt. Laut Furrer ist die zeitliche Nähe der Ereignisse «rein zufällig». Und: «Das Aussöhnungsverfahren jetzt zu lancieren hatte vor allem damit zu tun, dass wir die Verjährungsfrist unterbrechen wollten, beginnend bei der Vorgeschichte des Streiks im Herbst 2005.» Der mehrtägige Arbeitskampf im Berner Jura hat das Unternehmen laut eigenen Angaben zwischen 5 und 10 Millionen Franken gekostet. In der auf Eis gelegten Schadenersatzforderung machte Swissmetal gegenüber der Unia den oberen Wert von 10 Millionen Franken geltend – mit der Option einer Mehrforderung, sollte dieser Betrag nicht ausreichen. «Mit diesem Verfahren wollen wir auch einen Beitrag zur Klärung der öffentlichen Debatte über die Verantwortung der Gewerkschaft im Streikfall leisten», sagt Furrer. Beim Branchenverband Swissmem hat man zwar gewusst, dass Swissmetal die Gewerkschaft dereinst vor den Richter ziehen will. Von der aktuellsten Entwicklung ist man jedoch überrascht: «Wir waren nicht darüber informiert, dass der Aussöhnungsversuch sistiert wurde», betont Mediensprecherin Dorothea Tiefenauer. Weiter will sich Swissmem dazu nicht äussern: «Der Verband kommentiert die Vorgehensweise der einzelnen Mitglieder nicht.» Allerdings werde man den Fall – so er denn wirklich vor Gericht kommt – mit Interesse verfolgen. Die Gewerkschaft ist ebenfalls erstaunt über den sistierten Aussöhnungsversuch. Zwar bezeichnete die Unia den Vorwurf schon am Mittwoch als «haltlos», eine Erklärung für den jüngsten Entscheid aus dem Hause Swissmetal hat man allerdings nicht. Druck der Aktionäre? Über die Motivation der Swissmetal-Spitze kann derzeit nur spekuliert werden. Möglich ist, dass Aktionäre Druck auf das Management ausgeübt haben. Angesichts der beteiligten renditeorientierten Investmentgesellschaften ein auf den ersten Blick vorstellbares Szenario. Indes dürfte diesen Grossaktionären klar sein, dass ein Schadenersatzverfahren mehrere Jahre dauern kann und ein Sieg vor Gericht keineswegs gewiss ist. Möglich aber auch, dass Swissmetal sich gegen die Forderungen seitens der Gewerkschaft wappnen wollte. Noch ist nämlich der Vorwurf der «missbräuchlichen Kündigungen» aus der Massenentlassung vom vergangenen März nicht vom Tisch. Auch der nicht vorhandene Sozialplan muss noch von einem Schiedsgericht beurteilt werden. Würde Swissmetal in beiden Fällen unterliegen, müsste das Unternehmen wohl einen tiefen einstelligen Millionenbetrag bezahlen. Die Schadenersatzforderung als Gegenmittel zu den Unia-Verfahren zu sehen, scheint indes ebenfalls ziemlich abenteuerlich. So viel ist klar: Aus dem erhofften Grundsatzentscheid wird vorerst nichts. Dies ist zwar bedauerlich, gleichzeitig erscheint es zweifelhaft, ob Swissmetal angesichts des Verwirrspiels tatsächlich die nötige Klärung gebracht hätte. Buchprojekt abgebrochen Neben dem Verwirrspiel um die Millionenklage lässt auch das abgebrochene Buchprojekt tief blicken. Obwohl als gute Idee unterstützt, will Swissmetal nun auf die Publikation über den Streik verzichten. «Unter den gegebenen Umständen ist das Buchprojekt heute weder zielführend noch opportun», sagt Swissmetal-Sprecher Sam Furrer. Die Aufarbeitung des Themas lasse sich über die – inzwischen auf Eis gelegte – Schadenersatzklage «sachlicher und effektiver realisieren». Anders sieht es der frühere «Blick»-Chefredaktor und Autor Sacha Wigdorovits: Verwaltungsrat und Geschäftsleitung von Swissmetal seien «mit gewissen Passagen und Wertungen darin» nicht einverstanden gewesen. Ohne Einwilligung dieser Organe könne er das Werk nicht publizieren. Er wolle an seiner Darstellung festhalten und «kein Parteigutachten» verfassen. Article précédent | Article suivant | Sommaire des articles Sur le même sujet
Actualisé le 10.12.06 par webmaster
|