Trotz Sozialplan ein heisses Eisen

Swissmetal formuliert Vorwürfe im Fall Reconvilier

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NZZ Online
Mercredi 11 juillet 2007
Auteur : dsc
Zwischen der Firma Swissmetal und den Gewerkschaften zeichnet sich eine Einigung über einen Sozialplan zum Abbau von etwa 150 Stellen in der Nordwestschweiz ab. Swissmetal spielt jedoch weiterhin mit dem Gedanken, gegen die Unia zu klagen.
Verglichen mit der Situation im November 2004 und Anfang 2006, als das Swissmetal-Werk in Reconvilier Austragungsort langer und heftiger Streiks war, hätten die Verhandlungen mit der Gewerkschaft Unia und den übrigen Angestellten-Vertretern um den Sozialplan in einer «konstruktiven Stimmung» stattgefunden, erklärt Swissmetal-CEO Martin Hellweg lobend. Am Dienstagabend war der Abschluss des Sozialplans noch nicht spruchreif, zeichnete sich aber deutlich ab. Die Vereinbarung betrifft 153 Vollzeitstellen, welche die Swissmetal-Gruppe an den beiden Standorten Dornach und Reconvilier innerhalb von eineinhalb Jahren abbaut (NZZ 13. 6. 07). Die Firma und der Dachverband der Maschinenindustrie, Swissmem, verhandelten seit dem Herbst mit den Gewerkschaften Unia und Angestellte Schweiz über den Plan. Dieser Abbau hängt nicht direkt mit den Streiks zusammen.

Memorandum mit schweren Vorwürfen

In Reconvilier sei nun ein deutlicher Schwung zu spüren. Die Entwicklung gehe in die richtige Richtung, wenngleich der Zustand immer noch «zu gut zum Sterben und zu schlecht zum Leben sei», so Hellweg. Doch nach dem Motto «Schwamm drüber» will die Firma nicht verfahren. Was mit der angekündigten Klage in Höhe von 5 bis 10 Millionen Franken gegen die Unia passiert, macht Hellweg «vom Erfolg des gemeinsamen Vorgehens mit Swissmem gegen Unia» abhängig. Swissmetal strebt jetzt aber auch einen grundsätzlichen Rückblick auf die Geschehnisse rund um die Streiks an und publiziert – laut der Geschäftsleitung noch am Mittwochvormittag – ein Memorandum im Internet. – Auf etwa 20 Textseiten wird festgehalten, dass der Streik von Januar bis März 2006 illegal war, weil es nicht um die Arbeitsbedingungen und die Durchsetzung von Forderungen gegangen sei, die im Zusammenhang mit dem Gesamtarbeitsvertrag standen.

Ausserdem sei der Streik nicht durch eine «tariffähige Organisation» ausgerufen worden. Im Konflikt ging es im Wesentlichen um die Schliessung der Giesserei in Reconvilier. Eine Konzentration dieser «Warmformungs-Aktivitäten» im 60 Kilometer entfernten Standort Dornach wurde laut Swissmetal fälschlicherweise zum Beginn des Niedergangs des Standorts Reconvilier stilisiert, um Ängste zu schüren und zu mobilisieren. Die noch junge Unia habe versucht, sich in einer medial angeheizten Stimmung national in Szene zu setzen. Schwerer wiegen die Vorwürfe gegen einzelne Kadermitglieder aus Reconvilier: Diese hätten aus wirtschaftlichen Eigeninteressen das Ziel gehabt, das Werk zu verselbständigen, und dafür seien bereits Gespräche mit Investoren durchgeführt worden. Nachweisen kann das die Swissmetal-Führung zwar nicht. Im Gespräch mit Käufern, die sich für das Werk Reconvilier interessierten, habe man dies aber heraushören können, so Hellweg. Kritisiert wird im Swissmetal-Memorandum auch das Verhalten der Berner Regierung. Die Vermittlungsbemühungen im ersten Streik im Herbst 2004 wurden von der Firma noch begrüsst, wenngleich auch sie einen illegitimen Streik de facto legitimiert hätten.

Im März 2006 habe das Berner Volkswirtschaftsdepartement dann sogar ohne Wissen von Swissmetal zwischen interessierten Investoren, Streikführern und Unia vermittelt. «Ich habe nie aktiv nach Investoren gesucht», präzisiert dazu die damalige Berner Volkswirtschaftsdirektorin Elisabeth Zölch, der Swissmetal Parteinahme vorwirft.
Gesellschaftliche Dynamik

Rückblickend ist es gerade diese Beteiligung des regionalen und nationalen politischen Umfelds, die Hellweg stört. Für den Kampf der örtlichen Mitarbeiter um «ihre» 150-jährige Giesserei habe er Verständnis. Auf der Kommunikationsebene sei der Arbeitskonflikt um Reconvilier ein Kampf David gegen Goliath gewesen – Swissmetal fühlte sich mit einer «halben Kommunikationsstelle» als David. Martin Hellweg bekräftigt, dass trotz diesem Konflikt die Sozialpartnerschaft in der Schweiz immer noch viel einfacher sei als etwa in Deutschland. Die Unia sei aber 2005 und 2006 nicht mehr an den traditionellen Verhältnissen und am Arbeitsfrieden interessiert gewesen.

Dissens zwischen Unia und Komitee

Bei der Unia ist man, gerade was die Verantwortung für den Streik angeht, anderer Meinung. Wie André Daguet von der Unia-Geschäftsleitung auf Anfrage erklärt, könne man die Verantwortung für den Streik im Januar 2006 nicht der Gewerkschaft zuschreiben, Unia sei an diesem Entscheid in keiner Weise beteiligt gewesen. Die Unia-Strategie habe von Anfang an darauf abgezielt, so rasch wie möglich die beteiligten Parteien an den Verhandlungstisch zu bringen. «Deshalb haben wir Bundesrat Deiss auch die Mediation vorgeschlagen», so der Berner SP-Nationalrat. Es sei kein Geheimnis, dass das örtliche Streik-Komitee die Unia-Strategie nur bedingt geteilt habe. Daguet weist auf die Tatsache hin, dass der Arbeitskonflikt stark von der Wirtschaft in der Region mitgetragen worden sei, weil «die neue Swissmetal-Führung mit ihren überhohen Rendite-Vorstellungen» kaum mehr Interesse an den vielen hundert Kunden in der Juraregion gezeigt habe.


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